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1. Juli 2013

Stummer Hilfeschrei

„Gut.“ antworte ich auf die Frage, lege aber andere Gedanken in meinen Blick. Frag mich nochmal. Du musst doch die Lüge erkennen. Beharre einfach darauf, dass ich dir die Wahrheit erzähle. Dass ich erzähle, was mit mir los ist. Aber auf ein einfaches „Wie geht es dir?“, wie man jeden Smalltalk beginnt, verrate ich sicher nicht, was los ist. Es würde auch seltsam klingen. Schließlich erwartet man in der heutigen Gesellschaft doch auf so eine Frage eine positive Antwort. Kranke Welt. Jeder heuchelt Interesse vor, aber niemand interessiert sich wirklich für dich. Warum also hätte ich dir die Wahrheit verraten sollen? Du willst sie nicht hören. Jeden Morgen, wenn ich mich aus dem Bett quälen muss, ist ein Kloß in meinem Hals, der nur durchs Weinen aufgelöst werden kann, aber ich kann nicht. Ich will – nein, ich muss stark sein. Ich gehe mit einem Lächeln aus dem Haus, während ich mich am liebsten unter der Decke verkriechen würde, mich vor allen Bösen verstecken, wie damals als Kind. Wenn ich dann wiederkomme, bekomme ich abends einen Nervenzusammenbruch. Heimlich und still in meinem Zimmer. Niemand bekommt etwas mit. Ich rede mir selbst ein, dass ich alles, schaffen kann, aber ich versage – wie so oft. Ich weiß selbst, dass das alles auf ein Burn-Out hinaus läuft, oder starke Depressionen. Ich weiß, dass ich Hilfe brauche. Aber ich weiß auch, dass sich das ganze seltsam anhört. „Ich glaube, ich stehe vor einem Burn-Out.“ hört sich komisch aus dem Mund eines starken Mädchens an, dass doch immer einen Weg für sich und ihre Freunde findet. Niemand erwartet so kaputte, so kranke Gedanken von mir. Darunter breche ich zusammen. Das Alles lege ich in meinen Blick, der deine Augen fixiert. Eine Pause entsteht. Du erwartest mehr als ein Wort von mir. Die Pause wird unerträglich lang. Dein Blick wird weicher und ich bin in der Versuchung, dir die Wahrheit zu erzählen, denke, dir ist es wirklich wichtig, was mit mir los ist, dass du nicht nur Banalitäten wissen willst. Dann setzt du zum Reden an. „Das ist schön. Was hast du nächstes Wochenende vor?“ Du wechselst das Thema, einfach so. Meinen stummen Hilfeschrei ignorierend.

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